Peter Kolba - Liste Pilz

Wienwert Insolvenz nächster Anlageskandal – Politik bislang tatenlos

Die WW Holding AG – Muttergesellschaft der Wienwert AG – konnte die Anleihe 2011-2017 am 20.Dezember 2017 nicht zurückzahlen und beantragt nunmehr die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Noch sind nicht alle Anleihen der Wienwert notleidend. Das Gesamt-Emissionsvolumen beträgt jedenfalls laut finanzen.net bis zu 58 Millionen Euro. Die überwiegend privaten Anleihezeichner dürfen nun um das Kapital zittern.

Wienwert hat aggressiv diese Anleihen in Ö3 oder im ORF vor oder nach der Zeit im Bild beworben. So hieß es in einem Radio-Spot 2013: „6,5%. Grundbuchgesichert.“ und in Inseraten: „3-fach sicher: treuhandgesichert, prospektgeprüft, grundbücherlich eingetragen“. Diese Werbung richtete sich nicht an ein Fachpublikum, sondern ganz ersichtlich an die breite Masse der Sparbuchsparer.

Liste Pilz macht Vorschläge, wie Anlageskandale einzudämmen wären

Diese Werbung wurde gerichtlich als irreführend verboten (OLG Wien 26.2.2015, 1 R 221/14y). Da die Immobilien jeweils im Eigentum einer Zweckgesellschaft stünden, habe die Emittentin keinen Einfluss auf eine „grundbücherliche Sicherung“; diese werde idR auch nur im zweiten Rang, nach der finanzierenden Bank, eingetragen. Und „prospektgeprüft“ vermittelt eine inhaltliche Kontrolle durch die FMA. Dabei prüft diese nur formale Kriterien (Vollständigkeit, Kohärenz und Verständlichkeit des Prospektes).

„AMIS, AvW, MEL, Immofinanz, Geschlossene Fonds, Wienwert – in Österreich haben wir im Stakatto Finanzskandale und die Politik weigert sich seit Jahren, sowohl die Prävention als auch die Rechtsdurchsetzung für geschädigte Anleger zu verbessern. Schäden für Privatanleger in Millionenhöhe sind die Folge,“ ärgert sich Peter Kolba, bis 2017 Chefjurist im VKI und nun Klubobmann der Liste Pilz. „Ich werde in der nächsten Sitzung des Nationalrates drei Gesetzesinitiativen zu mehr Schutz der Privatanleger im Parlament einbringen.“

Diese drei Initiativen sind:

  • Verbesserung der Prävention
    Es ist sinnlos, die Kunden mit Tonnen von Papier zu überschütten und Ihnen ungelesen unterzeichnen zu lassen, dadurch umfassend aufgeklärt worden zu sein. Vielmehr muss man bereits in der Werbung für Finanzprodukte auf deren Gefährlichkeit hinweisen: „Vorsicht: Je höher versprochene Renditen sind, desto höher ist auch das Risiko eines Totalverlustes!“„Wir warnen vor Zigaretten oder den Nebenwirkungen von Medikamenten – warum nicht auch vor toxischen Finanzprodukten? Schließlich kann ein Totalverlust von Erspartem Anleger in die Armut oder Pensionslücke treiben.“ argumentiert Kolba.
  • Verbesserung der Rechtsdurchsetzung
    Finanzskandale führen zu Massenschäden mit hohen Streitwerten. Viele Geschädigte (rund 75 Prozent haben keine Rechtsschutzversicherung) können sich eine gerichtliche Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen nicht leisten. Österreich hat die höchsten Gerichtsgebühren in Europa und das Honorar für Anwälte wird nach dem „Taxameter“-Prinzip berechnet; je mehr Verhandlungen, desto mehr Honorar.Seit 2007 liegt in den Schubladen des Justizministeriums ein Entwurf für eine Gruppen- und Musterklage. Nichts ist passiert. Als die Liste Pilz die neue Schwar-Blaue Mehrheit im Parlament einlud, in einem Entschließungsantrag die Regierung aufzufordern rasch eine Lösung vorzulegen, wurde das niedergestimmt.„Ich werde daher dem Justizminister helfen und in der nächsten Plenarsitzung einen Initiativantrag für ein effektives Sammelklagesystem, der sich am niederländischen Modell orientiert – einbringen,“ kündigt Kolba an. „Unrecht darf sich auch in Österreich nicht lohnen!“
  • Klagebefugnis für gemeinnützige Institutionen
    Nach dem Konsumentenschutzgesetz sind nur die Sozialpartner, der Seniorenrat und der VKI zur Verbandsklage legitimiert. Das ist zuwenig. Es sollten auch unabhängige gemeinnützige Institutionen aufgenommen werden.

„Ich habe im Frühjahr zusammen mit anderen COBIN claims eine Plattform für Sammelklagen bei Massenschäden gegründet. Ich werde einen Initiativantrag  einbringen, dass COBIN claims sofort zu den klagslegitimierten Organisationen aufgenommen wird.“ sagt Kolba. COBIN claims hat auch bereits eine Sammelaktion angekündigt.

Der Chef der Finanzmarktaufsicht Ettl wird damit zitiert, dass die Anleihen einfache Produkte wären, deren „Risiko für Kundige erkennbar gewesen wäre.“ Das ist eine zynische Themenverfehlung. Die Produkte wurden ja vielmehr über Radio und Fernsehen eben genau an nicht kundiges Publikum verkauft. Das hätte die FMA abstellen müssen, doch wie häufig kamen deren Interventionen zu spät.

„Die Wiener SPÖ wird sich auch zu diesem Skandal äußern müssen, denn laut Medien saßen bis Herbst 2017 zwei ehemalige rote Gemeinderäte und ein ehemaliger roter Gewerkschafter in einem Beirat von Wienwert. Auch ein Syndikatsvertrag mit der Bundespensionskasse aus August 2017 verwundert. Da müssten die Probleme um Wienwert längst bekannt gewesen sein.“ sieht Kolba auch politische Verantwortung.

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