Rossmann: Nützen wir endlich die Chance für einen konstruktiven Föderalismus!

Seit Jahrzehnten ist klar: Es gibt eklatante Probleme im föderalen System Österreichs, das Finanzausgleichsystem weist erhebliche Strukturschwächen auf.

Sie reichen von der weitgehend fehlenden Steuerautonomie und Verantwortlichkeit der Länder und Gemeinden, dem Auseinanderklaffen von Trägerschaft und Finanzierung öffentlicher Aufgabenerfüllung und damit einhergehendem „Transferchaos“ bis hin zur einseitigen Fokussierung auf die Mittelverteilung und fehlenden Aufgabenfinanzierung bei den Gemeinden.

Dennoch: Es gibt bis heute keine Reform des föderalen Systems, noch eine dringend notwendige Erneuerung des Finanzausgleichs. Warum bloß?

Eine mögliche Erklärung: Es gibt einen eklatanten Interessenswiderspruch in unserem föderalen System. Einerseits wird bei der Verteilung der Steuermittel versucht, das Bewahren des Besitzstandes am „Steuerkuchen“ zu sichern, und andererseits fehlen eine grundlegende Strategie der Regierung und die Bereitschaft zu Reformen.

Ein funktionierendes Finanzausgleichssystem müsste auf gegenseitigem Vertrauen aller Finanzausgleichspartner fußen. Jedoch stellt sich die derzeitige Situation so dar, dass bei den verschiedenen „Verhandlungspoker“-Runden versucht wird, möglichst nicht als Verlierer auszusteigen. Diese konfliktreiche und mühsame Bund-Länder-Beziehung, mit der wir schon viel zu lange konfrontiert sind, schwächt das Potenzial unseres föderalen Systems.

Das Festhalten an alten Denkmustern, die tiefe Verankerung des Macht- und Hierarchiedenkens sowie „Mauscheleien“ hinter verschlossenen Türen auf dem Rücken der BürgerInnen  werden uns kein Stück weiterbringen.

Die BürgerInnen haben ein Recht darauf

Es braucht eine grundlegende Erneuerung des gesamten föderalen Systems.  Es braucht strategische Ziele, ergebnisorientierte Aufgabenerfüllung, längst notwendige Strukturreformen etwa bei Bildung, beim Förderwesen … Die Liste ist lang und wird durch die Untätigkeit und Lähmung der Bund-Länder-Beziehung nicht kürzer.

Wir erleben ein ermüdendes Hick-Hack: Bringt der Bund Reformansätze ein, werden sie von den Ländern in aller Regel postwendend abgelehnt, abgeschwächt oder umgekehrt. Der Bundesstaat und seine Aufgaben- und vor allem Machtverteilung prägen die Zuteilung der Steuermittel. Das ist eine Tatsache, vor der die Verantwortlichen nur zu gerne die Augen verschließen. Deswegen ist es offensichtlich: Wir brauchen dringend eine neue Kompetenz- und Aufgabenverteilung, sonst kann eine Erneuerung des Finanzausgleichs und der föderalen Beziehungen nicht mal angedacht werden. Lassen wir uns auf einen Weg aus dieser Föderalismus-Sackgasse ein:

  • Ein ehrliche Diskussion über die Mängel und Schieflagen unseres Finanzausgleichs- und Föderalismussystems.
  • Ein neues Föderalismusmodell, das ohne Totalreform auskommt und eine flexible Partnerschaft mit Lösungsfreudigkeit vorsieht.
  • Stärken wir endlich die wichtigen Strukturprinzipien: Effizienz und Effektivität , Transparenz, ergebnisorientierte Budgetierung und Evaluierung.
  • Wir brauchen keine weiteren Studien, wie viel zu oft vorgeschoben wird, die Fakten liegen am Tisch: Wagen wir uns an die ökonomischen Reforminhalte des Finanzausgleichs heran. Richten wir uns endlich nach einer sinnvollen Strategie für Bund und Länder, einer Reduktion der Transfers, einer Stärkung der Steuerautonomie und einen aufgabenorientierten kommunalen Lastenausgleich.

Weiterwursteln wird nichts bringen. Wir brauchen eine Wende in unserem System. Überwinden die politischen Akteure ihre veralteten Denklabyrinthe und schaffen erstmals Gestaltungswillen und Offenheit für Reformen, dann schaffen wir es endlich auch zum „guten Regieren“. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf.