Wir fordern eine Volksabstimmung über CETA

Das Handelsabkommen CETA zwischen Kanada und der Europäischen Union trat am 21. September 2017 vorläufig in Kraft, da es noch in vielen EU-Mitgliedsstaaten (darunter auch Österreich) ratifiziert werden muss. Ein einziges Nein zu CETA in nur einem Mitgliedsstaat könnte das gesamte Abkommen jederzeit zu Fall bringen.

CETA wurde als sogenanntes „gemischtes Abkommen“ eingestuft. Das heißt, dass das EU-Parlament und die nationalen Parlamente der 28 EU-Mitgliedsstaaten über das Handelsabkommen abstimmen und es ratifizieren müssen. Dass das Abkommen überhaupt als „gemischt“ eingestuft wurde, ist dem Protest vieler BürgerInnen und vieler zivilgesellschaftlicher Organisationen in der EU zu verdanken. Ursprünglich sah die EU-Kommission bloß einen Beschluss des Europäischen Rates (der EU-Staats- und Regierungschefs) vor. (Mehr zur Genese des Abkommens mit Links auf den Text des Abkommens finden sie z.B. bei Global 2000.)

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Schiedsgerichte innerhalb der EU abgelehnt. Derzeit warten wir auf eine weitere Entscheidung des EuGH und auch das deutsche Bundesverfassungsgericht wird sich noch mit dem Investorenschutz befassen. Die Bundesregierung hat am 16.5.2018 im Ministerrat dennoch entschieden, CETA rasch durchzuwinken (zu ratifizieren). Die Regierungsvorlage dazu wurde im Nationalrat eingebracht und soll bis Mitte Juni 2018 zur Abstimmung gelangen. Sodann muss auch noch der Bundesrat zustimmen und der Bundespräsident unterzeichnen.

Ein Volksbegehren mit über 560.000 Unterschriften und Umfragen zu dem Thema zeigen klar, dass die StaatsbürgerInnen mit großer Mehrheit gegen CETA sind. Die Liste Pilz fordert daher – ebenso wie zahlreiche NGOs (Attac, Global 2000, Greenpeace und viele mehr) eine Volksabstimmung.

ÖVP und NEOS traten immer schon für die Ratifizierung von CETA ein. Die FPÖ war vor der Wahl strikt dagegen und Parteiobmann Strache forderte ebenfalls eine Volksabstimmung. Nun, an der Regierung, will die FPÖ das Abkommen rasch durchziehen. Man habe dem Abkommen die „Giftzähne“ gezogen. Das ist unrichtig, denn an dem Abkommen hat sich seit dem 15.10.2017 nichts geändert. Vielmehr hat die FPÖ mit der ÖVP offensichtlich einen Deal gemacht: Die FPÖ darf zum Thema „Sicherheit“ dampfplaudern und bekam die Absage des absoluten Rauchverbotes im Gastgewerbe seitens der ÖVP zugestanden; dafür trägt die FPÖ alle „Giftzähne“ der ÖVP im Sozialbereich mit und stimmt CETA zu. Dagegen hätte die SPÖ unter Bundeskanzler Kern das Abkommen durchaus ratifiziert, wenn nur die Schiedsgerichte beim Investorenschutz verbessert worden wären. Nun ist die SPÖ in Opposition und würde nur zustimmen, wenn die Investoren gezwungen würden, vor den ordentlichen österreichischen Gerichten ihre Forderungen geltend zu machen. Die SPÖ war und ist jedoch nicht grundsätzlich gegen den Investorenschutz.

Giftzahn „Investorenschutz“

Wenn Sie in eine Mietwohnung mit günstigem Mietzins investieren und der Gesetzgeber durch Änderung der Gesetze dazu beiträgt, dass der Mietzins unerwartet steigt, haben Sie keine Möglichkeit, sich beim Staat dafür schadlos zu halten. Wenn ein Konzern aus Kanada jedoch etwa in Linz seine Europazentrale errichtet und durch Gesetzesänderungen die Umfeldbedingungen verschlechtert werden, dann – und das wird als „Investorenschutz“ in Handelsabkommen idR und so auch bei CETA vereinbart – kann der Konzern sehr wohl Schadenersatz gegen den Staat geltend machen. In älteren Handelsabkommen hatte der „Investorenschutz“ bei Vertragsschluss mit wenig stabilen Staaten den Sinn, Investoren dennoch anzulocken. Dazu musste man ihnen – so die Erzählung – anbieten, dass sie die Staaten aufgrund des Abkommens klagen können, wenn die Staaten Maßnahmen setzen (Revolutionen, Verstaatlichungen, …), die die Investition gefährden. Nun ist CETA ein Abkommen zwischen zwei stabilen Demokratien: Kanada und die EU. Daher sind solche Klauseln nicht nötig. Dennoch gibt es diese Klauseln im Vertrag. Der Sinn liegt darin, dass die Konzerne Einfluss auf die staatliche Gesetzgebung nehmen können. Wenn der Konzern dann der Regierung Schadenersatz in Milliardenhöhe androht, ist – so wie wir unsere Regierung kennen – zu erwarten, dass diese klein beigibt. Solche Abkommen sind also eine Art „Selbstfesselung“ der Politik. Daher lehnen wir solche „Investorenschutzklauseln“ grundsätzlich ab.

Giftzahn „Schiedsgerichte“

In der Wirtschaft ist es inzwischen üblich, dass Konzerne Streitigkeiten vor geheimen Schiedsgerichten austragen. Diese Form der Rechtsdurchsetzung ist diskret und schneller als die – kaputtgesparte – nationale Gerichtsbarkeit. Doch daran entzündete sich der Streit. Die SPÖ etwas kritisierte diese geheimen Schiedsgerichte. Um dennoch die Zustimmung der Mitgliedsstaaten zu bekommen, wurde die Idee eines öffentlichen Internationalen Investitionsgerichtshofes erfunden. Dieser soll erst gegründet werden und ist keineswegs schon fix. Die SPÖ lehnt nunmehr auch einen solchen Gerichtshof ab und will die Konzerne vor die österreichischen Gerichte zwingen.

Auch bei dieser Frage zeigt sich, in wessen Interesse solche Abkommen geschlossen werden. Denn wir kennen keine Initiative (im Lichte des VW-Abgasskandals betrachtet), einen Internationalen Gerichtshof gegen globale Wirtschaftsverbrechen gründen zu wollen. Sollte CETA also endgültig in Kraft treten, sind wir ebenfalls gegen Sondergerichte für Konzerne.

Giftzahn „Regulierungszusammenarbeit“

Global 2000 beschreibt diese so: Das bedeutet, dass die EU und Kanada in Zukunft versuchen wollen, ihre Regulierungsmaßnahmen (Gesetze, Richtlinien, Verordnungen) auf einander abzustimmen, um Handelsbarrieren abzubauen. Das ist in vielen Bereichen problematisch, da zahlreiche Regelungen sehr unterschiedlich sind. In der EU gibt es etwa strengere Regelungen für Chemikalien oder Gentechnik. Die Industrie soll Einblick in Gesetzesentwürfe bekommen und sagen, was für sie handelshemmend wäre. Durch CETA werden Gesetze durch den Einfluss der Industrie noch häufiger verzögert oder aufgeweicht.

Die Politik auf Ebene der EU und die Bundesregierung in Österreich ignorieren bewusst den Willen der Bürger: 3,6 Millionen hatten sich im Rahmen der europäischen Bürgerinitiative gegen CETA ausgesprochen, über eine halbe Million in Österreich im Rahmen des Anti-CETA-Volksbegehrens.

Daher ist unsere Forderung klar: Volksabstimmung vor einer Ratifizierung von CETA durch Österreich.

Service: Ein Newsletter zu CETA und andere Politikfelder kann auf der Seite [www.buergerrechte.online/Newsletter/] (http://www.buergerrechte.online/Newsletter/) kostenlos abonniert werden.