Vermisste Heimkinder – ein Skandal bricht auf
In Österreich gelten derzeit – laut Ö1-Mittagsjournal – 1.267 Menschen als vermisst, 75 Prozent davon sind Kinder und Jugendliche, die in Einrichtungen untergebracht sind – sogenannte Heimkinder. Das ist ein ebenso ungeheuerlicher wie eindeutiger Umstand und zeigt den akuten Reformbedarf bei Kindesabnahmen, auch in Bezug auf die pädagogische Qualität der Kinderheime und Wohngemeinschaften, die wohl nicht immer dem Kindeswohl entsprechen.
„Ich kenne persönlich einen Fall, in dem ein elfjähriges Kind nach wiederholten Misshandlungen in einem Kinderheim in der Nacht davonlief und von der Polizei sehr unsanft wieder zurückgebracht wurde. Abgesehen davon, dass die Eltern davon nicht in Kenntnis gesetzt wurden, zeigt das Heim generell wenig Bereitschaft zur Kooperation mit denselben, was auch als Fluchtgrund des Buben gewertet werden muss“, stellt Maria Stern fest und ergänzt: „Das Kind klettert regelmäßig von seinem Fenster im ersten Stock aufs Dach, um in Ruhe gelassen zu werden. Was ist denn das anderes als eine Flucht? Das Steildach ist mit Schindeln belegt, die sich lösen können, bzw. rutschig sind, wenn es regnet. Einen Sturz wird es nicht überleben.“
Liste Pilz fordert genaue Aufklärung
Die Polizei hat nun das Projekt „Heimvorteil“ gestartet, um diese Kinder und Jugendlichen zum Bleiben zu bewegen. Dass sich die Polizei im Projekt „Heimvorteil“ mit der Flucht aus Heimen umfassend und unter Einbindung aller Beteiligten befassen will, bewertet Stern positiv: „Das ist aber nur die Spitze eines Eisbergergs, der durch die genauen Recherchen der Liste Pilz stets sichtbarer wird.“
„Es kann nicht Aufgabe der Polizei sein, Kindern und Jugendlichen, die aus Heimen flüchten, um wieder zu ihren Eltern zu kommen, die Heime schönzureden“, sagt Peter Kolba, Bürgerrechtssprecher der Liste Pilz. „Die genannten Zahlen sprechen für sich. Es gibt Berichte des Justizministeriums und des Rechnungshofes, die die Familiengerichtsbarkeit untersucht haben. In beiden Fällen wurden Betroffene – also Kinder oder Eltern – nie befragt. Man bejammert die lange Verfahrensdauer, die echten menschlichen Probleme bleiben unter der Decke. Wir haben daher an das Justizministerium einen Antrag eingebracht, dass man die Situation insbesondere durch Befragung der Betroffenen evaluieren möge.“
Peter Kolba wittert ähnliches wie beim „Heimskandal“ vor einigen Jahrzehnten. „Ich befürchte, dass sich derzeit rund um die Kindesabnahme ähnliche Dramen abspielen, wie seinerzeit. Wir wollen das aufzeigen und die Missstände sofort abgestellt wissen. Es hat keinen Sinn, Jahrzehnte zuzuschauen und erst dann den Skandal aufzuarbeiten. Hilfe muss jetzt kommen“, sagt Peter Kolba.
Die Liste Pilz bietet Eltern und Kindern über die Plattform [www.tatort-jugendamt.at] (http://www.tatort-jugendamt.at/) die Möglichkeit, sich über Missstände rund um das Jugendamt, die Familiengerichtsbarkeit und insbesondere die Fremdunterbringung in Heimen zu beschweren. Bislang haben sich über 130 Personen gemeldet.
Service: Beschwerden an die Liste Pilz über [www.tatort-jugendamt.at] (http://www.tatort-jugendamt.at/).