ÖVP: Der Ausverkauf des Tiroler Wassers
Wie Bauern, Landes- und Gemeindepolitik das Land verkaufen
Am Gemeinschaftskraftwerk Inn, das an der Grenze Schweiz-Österreich entsteht, haben bisher einige heimische Unternehmen gut verdient. An erster Stelle: die regionale Bauwirtschaft. Auch nicht schlecht dürfte der Berufsstand der Anwälte dabei abgeschnitten haben: Im Rahmen eines höchst fragwürdigen Bewilligungsverfahrens kam es neben mehrfachen Beschwerden auch zu einem Ermittlungsverfahren durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Einige aufrichtige Seelen haben sich am äußerst dubiosen Genehmigungsverfahren abgearbeitet. Ergebnis: Es wird gebaut. Mit massiver Kostenexplosion und dem Aus für ein natürliches Fischaufkommen im Inn. Die Schweiz tritt damit ihre völkerrechtliche Verpflichtung, den Inn an der Grenze in ökologisch gutem Zustand zu übergeben, geschickt an Österreich ab. Die Grünen zeigen ihr wahres Gesicht. Tiroler BürgerInnen steht das Entsetzen ins Gesicht geschrieben: eine Quelle ist bereits versiegt. Die TIWAG bringt in enger Zusammenarbeit mit dem Land Tirol das Land erfolgreich um sein Wasser – und um seine Fische.
Tösens / Tirol, 25. September 2019 / Das Gemeinschaftskraftwerk Inn, kurz GKI, befindet sich im Bau – konkret geht es bereits um die Fertigstellung. Gebaut wird es von der GKI GmbH, an der zu 86% die Tiroler Wasserkraft AG (TIWAG) und zu 14% die Engadiner Kraftwerks AG beteiligt sind. Die TIWAG ist zu 100% im Eigentum des Landes Tirol. Eigentlich sollte das GKI schon lange in Betrieb sein, nach mehrfacher Verschiebung soll es 2022 endgültig voll in Betrieb genommen werden. Wie hoch der Verlust auf Grund der zeitlichen Verschiebung ist, wird nicht bekannt gemacht – wir erhielten auf zweifache Anfrage bei der GKI GmbH leider keine Antwort. Allein durch die entstandenen Mehrkosten auf Grund der Bauverschiebung und mangelhafter Planung sind die Kosten für das GKI bereits auf mehr als das Doppelte der ursprünglich beanschlagten Summe angestiegen.
Die TIWAG: das profitabelste Unternehmen Tirols
Die Tiroler Wasserkraft AG, die zu 100% im Eigentum des Landes Tirol ist, ist laut Landeshauptmann Günther Platter das profitabelste Landesunternehmen. 2018 hat sie stattliche 1,2 Milliarden Euro Umsatz, 78,4 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftet. Als Unternehmen in Tiroler Hand hat sie auch die landeseigene Hypo gerettet mit einer 220 Millionen Euro – Spritze. All das erklärt womöglich auch, warum die TIWAG Tirol mit Wasserkraftwerken so ungehemmt zubetonieren kann. So wird die heimische Wirtschaft gefördert – und die Umwelt nachhaltig geschädigt. WWF, Greenpeace, Global2000 und Co. protestieren regelmäßig gegen die Projekte der TIWAG. Bei der Umsetzung ihrer Projekte scheint die TIWAG langen Atem und vor allem System zu haben. Und kräftige Rückendeckung vom Land Tirol.
GKI: eine lange Vorgeschichte
Die Vorgeschichte des GKI geht weit zurück. Bereits im Jahr 2002 gab es Vorbereitungen von schweizer Seite. Am 20.12.2002 haben die Engadiner Kraftwerke AG mit den Fischereipächtern des Oberen Gerichtes eine Vereinbarung getroffen. Deren Inhalt: die Entschädigung für die von den Engadiner Kraftwerksanlagen im Inn verursachten Schäden. Eine sehr geringe und ohne Gutachter ermittelte Entschädigungszahlung von 7050,- Euro jährlich wird von der Engadiner Kraftwerks AG an die Bedingung geknüpft, dass sich die Fischereivereinigungen nicht öffentlich gegen eine Realisierung vom Grenzkraftwerksprojekt einsetzen. Markus Wilhelm hat die unterfertigten Verträge veröffentlicht. Eingefädelt hat diese für die Fischereivereinigungen ein sogenannter Dr. Josef Siegele (ÖVP). Dieser ist laut unserem Informanten Mitglied einer Burschenschaft. Mit Schmiss. Und guter Freund von Van Staa, dem damaligen Landeshauptmann.
Um nun die Realisierung des GKI zu ermöglichen, musste zunächst ein Staatsvertrag CH-Ö abgeschlossen werden. Das ist bereits am 29. Oktober 2003 geschehen.
Screenshot von ris.bka.gv.at: Staatsvertrag zwischen Österreich und der Schweiz
Sieben Jahre später geht es Schlag auf Schlag: Am 12. Juli 2010 bewilligt die Behörde in erster Instanz – die Abteilung Umweltschutz der Tiroler Landesregierung die „Errichtung und den Betrieb des Vorhabens „Gemeinschaftskraftwerk Inn“. Im August legen drei der sieben betroffenen Gemeinden Berufung ein. Das Ganze geht zum Umweltsenat in Wien – letztendlich gibt auch die zweite Instanz unter dubiosen Umständen ihre Bewilligung, obwohl das Gutachten betreffend ökologische Auswirkungen vernichtend ist. Es wird mit öffentlichem Interesse argumentiert – und damit, dass man auf Grund des Staatsvertrags nicht mehr darauf verzichten könne. Der zuständige Rechtsanwalt rät der Gemeinde Tösens von einer erneuten Berufung ab, da die Prozesskosten im Falle eines Verlustes für die kleine Gemeinde schwer verkraftbar wären. Das Kraftwerk bekam seinen endgültigen Startschuss.
Entschädigungsgelder als Schweigegelder?
Die GKI GmbH beschloss einen Entschädigungsgeld-Topf von 550.000 Euro jährlich. Daraus sollten die Entschädigungszahlungen an die vom Kraftwerk betroffenen Gemeinden erfolgen. Geplant war, dass ein eigens beauftragtes Büro den Verteilungsschlüssel dazu erarbeitet – da manche Gemeinden mehr, manche weniger betroffen von den Auswirkungen des Kraftwerks sind. In der Praxis sah das allerdings anders aus, wie aus einer Anzeige von Christian Sturm bei der WKStA hervorgeht: so soll die GKI GmbH während dem laufenden Bewilligungsverfahren an einzelne Gemeinden herangetreten und ihnen Angebote für eine finanzielle Abgeltung unterbreitet haben. „Frühentschlossene“, also Gemeinden die dem Vertrag unter Geheimhaltungspflicht gleich zustimmten, würden darin besser gestellt.
Helmut Kofler, ehemaliger Bürgermeister von Tösens und damals im Amt erzählt im Interview:
„Die GKI GmbH hat sich eine Gemeinde nach der anderen gekauft, bis am Ende nur noch Tösens übrigblieb. Unser Rechtsanwalt hat uns von einer erneuten Berufung gegen die Bewilligung in zweiter Instanz abgeraten. Ich habe mich bis zum Schluss geweigert, den Vertrag zu unterschreiben, so lange noch durch die WKStA ermittelt wurde.“
Das wurde Kofler schließlich zum Verhängnis: der Gemeinderat trat geschlossen zurück und zwang ihn dadurch ebenfalls zum Rücktritt. Der neue Bürgermeister, Bernhard Achenrainer, unterschrieb den GKI-Vertrag schließlich. Ob seine Unterschrift zur Einstellung des WKStA-Verfahrens führte, bleibt ungewiss. Jedenfalls war mit der Gemeinde Tösens die letzte potenzielle Hürde für die GKI gekauft – die Baustelle konnte endlich gestartet werden.
Interessantes Detail am Rande: Rechtsanwalt Andreas Brugger, der die Gemeinden bei ihren Berufungen im Bewilligungsverfahren vertrat, war bereits zum damaligen Zeitpunkt auch schon für die TIWAG aktiv. Er ist nicht zuletzt jener Rechtsanwalt, der die Verträge zwischen TIWAG und dem bekannten Speckproduzenten Handl Tyrol GmbH anfertigte, bei denen die TIWAG 95.000 Quadratmeter Gewerbegrund, der ihr nicht gehörte, an Handl verkaufte.
Die Verschwiegenheitsverpflichtung aus dem Vertrag zwischen GKI und Gemeinden
Diese Verschwiegenheitsverpflichtung erklärt auch die Nervosität des aktuellen Bürgermeisters, als wir ihn telefonisch auf angebliche Förderungen des Kindergarten-Ausbaus durch die GKI-GmbH „lt. GKI-Ergänzungsvertrag“ ansprechen. Wie es zu seiner Unterschrift unter dem Vertrag kam, dazu sagt Achenrainer: „Ich weiß nur das: Das Enteignungsverfahren war bereits im Haus, und wir haben beschlossen wir unterschreiben den Vertrag.“ Was er mit dem Enteignungsverfahren meint, dazu sagt er bloß: „Die Enteignung, da müsste man sich genau einlesen. Da kann ich nicht sagen wie das gewesen wäre – da wir ja unterschrieben haben muss ich mich damit nicht beschäftigen, da muss man nachlesen. Das könnte man ja nachlesen in dem Schreiben, aber das hol‘ ich nicht mehr raus, ich les‘ jetzt nach 3 Jahren nicht mehr nach, ich bin froh dass es vorbei ist.“ Eine Weitergabe des Vertrags an JETZT hat er verweigert.
„Wenn die Hände gebunden sind, sind sie gebunden. Da kannst Du machen was du willst. Das hat ja der Altbürgermeister probiert. Irgendwann musst du halt aufhören dich zu wehren. Du kannst dich wehren bis zu einem gewissen Grad und kannst recherchieren, das ist halt alles viel Arbeit.“
WKStA ermittelte: Bestechung, Bestechlichkeit, Amtsmissbrauch
Wir erhielten Stellungnahmen und Beschuldigtenvernehmungen des WKStA-Verfahrens. Die Sachverhaltsdarstellung der Gemeinde Tösens legt ein gelenktes Behördenverfahren in der Bewilligung durch erste und zweite Instanz dar, bei dem die TIWAG maßgeblich miteingebunden war, bei dem Sachverständige, die negative Gutachten erstellten, gezielt ausgeschaltet wurden, und bei dem die Stellungnahmen der Projekt-Kritiker im Verfahren gezielt nicht protokolliert wurden. Darin wird auch angeführt, dass im Staatsvertrag zwischen der Schweiz und Österreich bereits Eckdaten des Kraftwerks bestimmt wurden, die die Ausarbeitung von Projektvarianten mit besseren Umweltwerten verhinderten. Die Schweiz, erzählt Christian Sturm der Partei JETZT – Liste Pilz, hat sich auf geschickte Art und Weise ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung, den Inn an der Staatsgrenze in ökologisch gutem Zustand zu übergeben, entzogen. Nicht umsonst förderte die Schweiz die Engadiner Kraftwerks-AG für das GKI-Projekt mit 60 Millionen Franken. In der Engadiner Post war 2015 dazu zu lesen: „Die EKW selbst erhalten rund 60 Millionen Franken an Subventionen. Dies, weil die Errichtung des GKI die Wasserstandsschwankungen im Inn, welche durch das Kraftwerk Martina verursacht werden, massgeblich reduzieren wird.“ Diese betreffen durch das GKI in Zukunft nur noch Österreich. Die Schweiz ist also sauber raus.
Aus der Stellungnahme der Gemeinde Tösens
TIWAG und Land haben hier kräftig zusammengearbeitet. Helmut Kofler erzählt: „Auch von der Landesregierung (2013, Ressort Landwirtschaft) wurde das Angebot an Bürgermeister gemacht: Sie würden Bedarfszuweisungen erhalten, wenn sie den GKI-Verträgen einwilligen.“
„Ich hätte mir gedacht, dass irgendwer aufsteht. Irgendwer!“
Christian Sturm, der Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft erstattete und zu den wenigen gehört, die sich nicht einschüchtern ließen, ist erschüttert:
„Ich frage mich, wieso dürfen sie den Fisch zu Tode quälen? Wenn man Fische beim Sterben so laut hören würde wie Schweine, wenn sie abgestochen werden, wäre das nie durchgebracht worden. Die Fische kommen qualvoll um. Hör ich nicht, seh ich nicht….“
Tatsächlich ist ein natürliches Fischaufkommen im Inn Geschichte. Fische müssen regelmäßig eingesetzt werden – es handelt sich um eine ökologische Katastrophe. Sturm ist von den Grünen Koalierern schwer enttäuscht: „Ich war in Innsbruck bei den Grünen. Ich hab‘ dem Gebi Mair meine Unterlagen übergeben und mit ihm das Thema besprochen. Der hat mir aufmerksam zugehört. Und dann stell ich nachher fest, dass der das alles schon unterschrieben hat.“ Dass die Grünen bei dem GKI-Projekt keinen Mucks machten, zeigt das wahre Gesicht der Partei. Die Umwelt ist ihnen, wenn’s ums Regieren geht, egal. Sturm trifft es auf den Punkt: „Jene, die Beschützer waren, versagen komplett.“ – und meint damit die Grünen. WWF und andere Umweltorganisationen sprachen sich klar gegen das Kraftwerksprojekt in der Form aus. Die entstehenden Schäden an Natur und Tier seien gravierend und unumkehrbar. Sturm sagt weiter: „Ich hätte mir gedacht, dass irgendwer aufsteht. Irgendwer aus dem Volk, oder Bürgermeister, irgendwer! Aber die haben’s nicht verstanden.“ Christian Sturm kann es nicht fassen. Trotz des vernichtenden Urteils durch den Sachverständigen beim Bewilligungsverfahren in 2. Instanz wurde das GKI vom Umweltsenat bewilligt. Bei der Erläuterung seines Gutachtens sagte der Sachverständige:
„Wenn hier eine 1 ist und hier eine 5, ergibt das keine 3. Bei 5 sind die Fische tot, der 1er macht sie nicht mehr lebendig.“
Quelle versiegt: LKW beliefert Bauernhöfe mit Wasser
Eine der vielen katastrophalen Auswirkungen des GKI-Projekts bekommen einige Bauernhöfe in Rieds bereits zu spüren: die Quelle, die die Höfe zur Wasserversorgung angezapft hatten, ist auf Grund der Bohrungen fürs GKI am 28. September letzten Jahres versiegt. Derzeit werden die Höfe zweiwöchentlich mit Wasser versorgt: ein LKW kommt und pumpt seinen Wassertank in deren Speicher. Langfristig muss eine neue Quelle erfasst werden.
Grüne in Koalition: Lassen Wähler und Umwelt im Stich
Auch beim Ausbau des Kraftwerks Kaunertal lassen die Grünen ihre Werte und WählerInnen im Stich. Pläne existieren seit Jahren, das Kraftwerk im Kaunertal auszubauen. Allerdings wird es immer wieder wegen Beschwerden und Mängeln aufgeschoben. Stellungnahmen von Umweltanwaltschaft, Greenpeace, WWF, Ökobüro, Global2000 wurden abgegeben. Ingrid Felipe, damals noch für Wasser beim Land zuständig, wurde 2014 von den Organisationen aufgefordert, entweder das Kaunertal-Projekt zu stoppen oder zurückzutreten. Was ist passiert? Nichts. Kein Mucks dazu. Der Pressesprecher des WWF kann sich an keine Reaktion erinnern, auch im Netz ist keine Reaktion von Ingrid Felipe zu finden.
WWF spricht von naturzerstörerischem Großprojekt mit katastrophalen Auswirkungen
Auf Anfrage beim WWF erhalten wir folgende Stellungnahme: „Der WWF lehnt das Kraftwerk Kaunertal massiv ab und wird so wie bisher auf allen Ebenen dagegen vorgehen. Nach unserer Rechtsansicht wäre das Projekt von den Behörden eigentlich sofort abzuweisen, denn mehrere Widersprüche in den eingereichten Plänen machen eine Beurteilung praktisch unmöglich. Das Kraftwerksvorhaben Kaunertal ist ein naturzerstörerisches Großprojekt aus dem letzten Jahrhundert, das angesichts der aktuellen Herausforderungen im Klima- und Naturschutz keinen Platz mehr hat. Der Ausbau hätte massive Eingriffe in unberührte Gebirgslandschaften zur Folge. Beispielsweise würde der Aufstau des Platzertals mit einer 120 Meter hohen Staumauer EU-rechtlich geschützte Lebensräume in einem nahezu unberührten Hochtal treffen. Gleich vier unberührte Gebirgsflüsse droht die unwiederbringliche Zerstörung. Wasser ist angesichts der Klimaerwärmung und besonders im inneralpinen Trockengebiet des Ötztals ein sehr wertvolles Gut. Die Ableitung von bis zu 80 Prozent des Wassers aus dem Hinteren Ötztal wäre eine Katastrophe. Da Pumpspeicherkraftwerke letztlich mehr Strom verbrauchen als sie erzeugen, würde das Kraftwerk die Klimabilanz von Tirol sogar verschlechtern.“
Das Vorgehen der TIWAG hat System
Warum hat das Projekt nicht schon längst einen Negativbescheid erhalten? Bei umfassender Recherche stellt sich heraus: Das Vorgehen der TIWAG hat System. Beim GKI, beim Kaunertal, bei Imst-Haiming und beim Schwarzach-Kraftwerksprojekt in Osttirol wird ähnlich vorgegangen. Es wird von langer Hand geplant. Entgegen Umweltrichtlinien. Entgegen EU-Recht. Umweltorganisationen schreien auf. Kritiker oder Gegner werden eingekauft. Wer sich nicht kaufen lässt, wird in einem Verfahren auf das andere finanziell vernichtet. Denn eines ist klar: das profitabelste Unternehmen des Landes hat Geld. Viel Geld, Zeit – und Macht.
Verbindungen der TIWAG bis ganz nach oben im heiligen Land Tirol
Die TIWAG ist nicht zufällig Namensgeber für die Webseite des Aufdeckers Markus Wilhelm. Auf dietiwag.org berichtet er regelmäßig über die dreckigsten Machenschaften Tirols, jener von TIWAG und Landespolitik. Unter anderem schreibt er darüber, wie die TIWAG Wahlkampfhilfe für die ÖVP zahlt, wie sie LH Platters Politik finanziert, wie die Projekte der TIWAG Tirol gefährden oder wie die TIWAG gezielt Geld in schwarze Gemeinden pumpt, welche von einem ihrer Projekte betroffen ist oder betroffen sein wird. So hat sie sich laut Markus Wilhelm auch nachweislich den Bürgermeister des Kaunertals gekauft, in dem (wie beschrieben) eines ihrer Projekte im Bewilligungsverfahren steckt. Mit dem Stoff, den die TIWAG liefert, ließen sich mehrere Krimis füllen. Die Verbindungen zwischen TIWAG und Landespolitik könnten als Symbiose beschrieben werden: Ohne die einen gäbe es die anderen nicht. Ein Beispiel:
Tonnenweise Beton für Kraftwerksprojekte: Zementwerks-Chef ist Platter-Freund und TIWAG Aufsichtsratsvorsitzender
Markus Wilhelm berichtet auf dietiwag.at: Reinhard Schretter sitzt im Aufsichtsrat der TIWAG. Er ist gleichzeitig Firmenchef von Zementwerke Schretter & Cie. Seit über 20 Jahren gehört er dem Vorstand der Industriellenvereinigung an, von 2008 bis 2016 war er deren Präsident. Reinhard Schretter ist Förderer der Tiroler ÖVP und war im Personenkomitee für die Wiederwahl Günther Platters. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) hat in seiner Funktion als Eigentümervertreter der TIWAG Reinhard Schretter zuerst zum zweiten Aufsichtsratsvorsitzenden-Stellvertreter, dann zum ersten Aufsichtsratsvorsitzenden-Stellvertreter und schließlich zum Aufsichtsratsvorsitzenden bestellt. An den Kraftwerksprojekten der TIWAG verdient er sich dumm und dämlich. Auch an der Kostenexplosion beim GKI-Projekt: bei der Baugrubenumschließung für die Wehranlage in Ovella wurden über 150 Betonpfähle statt wie geplant 20 oder 25 Meter jetzt plötzlich 45 Meter in den Boden gerammt. Dafür wurde natürlich auch doppelt so viel Zement benötigt.
Kostenexplosion GKI: Verbund hat sich verabschiedet
Auf Grund mangelhafter Planung und insofern Bauverzögerung sowie Kostensteigerungen durch beispielsweise den bereits angeführten „zufälligen“ Beton-Mehraufwand kam es zu einer regelrechten Kostenexplosion des GKI. Im Oktober 2007 war bei der Projekteinreichung zur Umweltverträglichkeitsprüfung noch die Rede von 287 Millionen Euro. 2009: 351 Mio. Euro. 2011: 400 Mio. Euro. 2017: 534,5 Mio. Euro. Im Jänner 2019 schließlich war die offizielle Summe auf 602,9 Mio. Euro angestiegen. Der Verbund, ursprünglich mit 50% beteiligt, reduzierte seine Beteiligung 2014 auf 10% und stieg 2018 schließlich aus. Die TIWAG übernahm sämtliche Anteile und liegt damit bei 86%.
Der Verbund überprüfe seine Projekte regelmäßig, ist auf der Verbunds-Webseite zu lesen. Ist ihm das finanzielle Katastrophenprojekt zu steil geworden? Auf Anfrage beim Verbund lautet die offizielle Stellungnahme zum Ausstieg wie folgt:
„Mit dem radikalen Marktumbruch in den Jahren nach der Bankenkrise hatten sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den börsennotierten VERBUND massiv verändert. Das damalige Marktumfeld zwang VERBUND dazu, sein Anlagen- und Projektportfolio anhand unternehmensspezifischer Finanz-Parameter zu überdenken – beispielsweise beim thermischen Kraftwerkspark. Dies führte zu einer Anteils-Reduktion und schließlich zum strategischen Rückzug aus der zweistaatlichen Projektgesellschaft.
Errichtet wird das größte in Österreich noch realisierbare Ausleitungskraftwerk jedenfalls, VERBUND-Experten treiben im Auftrag der GKI federführend die Umsetzung voran. Unbestritten ist der wichtige Beitrag des geplanten Kraftwerks für die österreichischen und die Tiroler Energieziele sowie die Verbesserung der Ökologie am oberen Inn. Das Gemeinschaftskraftwerk Inn liefert nach seiner Fertigstellung rund 448 Millionen Kilowattstunden an heimischen Wasserkraftstrom und trägt damit zur Versorgung von 97.000 Haushalten mit sauberem Strom aus Wasserkraft und zur Vermeidung von jährlich 348.000 Tonnen CO2 bei.“
Absurd: Tirol ist bereits zu über 100% energieautark
Interessant ist die Argumentation für alle TIWAG-Projekte: So gehe es darum, die Klimaziele Tirols zu erreichen. Land und TIWAG brüsten sich ihrer Vorbildlichkeit. Unter dem Motto „Tirol 2050 energieautonom“ verkauft das Land die TIWAG-Projekte als großen Fortschritt. Laut einer Aussendung der Tiroler Umweltanwaltschaft produziert Tirol allerdings bereits mehr Strom aus Wasserkraft als es selbst verbraucht. Das ist nur ein weiteres Indiz: Um Nachhaltigkeit geht es hier nicht. Aber es geht um Geld. Um sehr viel Geld. Vor allem für die heimische Wirtschaft, weil wenn’s der gut geht… geht’s der Wirtschaft gut. Da gibt es auch gar nichts zu verschleiern: LH Platters Aussage gegenüber der Tiroler Tageszeitung vom 11.5.2017 bringt es nochmal auf den Punkt: „Wir investieren in den nächsten Jahren rund 1 Milliarde Euro in den Ausbau der Wasserkraft. Ein großer Teil davon fließt in die regionale Bauwirtschaft.“