Kolba: Begrüßen Vorschläge der EU-Kommission für Sammelklagen
Die EU-Kommissarin für Justiz und Verbraucherschutz, Vera Jourova, hat heute unter dem Titel „New Deal for Consumers“ eine Reform der Richtlinie für Unterlassungsklagen angekündigt. Konkret will sie bei Verstößen gegen EU-Verbraucherschutzrecht neben Unterlassungsklagen durch Verbände in bestimmten Fällen auch damit verbundene Begehren auf Leistung zulassen.
„Wenn also der VKI zB ein Unternehmen wegen einer illegalen einseitigen Preiserhöhungsklausel klagt und siegt, dann kann künftig auch die Rückzahlung der darauf beruhenden Mehrzahlungen an die Kunden gerichtlich verfügt werden“, erklärt Kolba, diese Änderung an einem praktischen Beispiel. „Ein zweites Beispiel sind Bagatell- und Streuschäden, bei denen kein Verbraucher individuell klagen würde. Auch hier sollen die Verbände tätig werden können.“
Zum Schutz der Verbraucher soll eine solche Klage mit Einbringung bei Gericht die Verjährung von Ansprüchen der betroffenen Verbraucher hemmen oder unterbrechen.
„Auch diese Regelung ist wesentlich, damit das Kalkül von beklagten Unternehmern unterlaufen wird, mit Vergleichsverhandlungen zuzuwarten, bis die Ansprüche jener, die nicht (individuell) geklagt haben, verjährt sind,“ freut sich Kolba. „Allerdings gibt es hier offenbar die Möglichkeit für die Mitgliedsstaaten statt dieser automatischen Hemmung auch vorzusehen, dass das nur für jene gilt, die sich aktiv melden. Das wäre deutlich schwächer.“
Es gibt aber Bedingungen, die man kritisch sehen muss:
- Es wird noch zu klären sein, was die EU Kommission darunter versteht, dass die Identität der Geschädigten bekannt sein muss. „Das kann ja keinesfalls bedeuten, dass der Kläger diese kennen muss, sondern kann sich wohl nur darauf beziehen, dass diese in der Kundendatei des Unternehmens feststehen,“ merkt Kolba an.
- Diese Klagen dürfen nur von Verbänden geführt werden, die der Kommission als „im Interesse der Verbraucher“ und „gemeinnützig“ tätig genannt werden und in einer Liste der EU-Kommission aufscheinen. Daneben soll es aber auch möglich sein, ad hoc Rechtsträger zu gründen, die solche Klagen führen dürfen „Das wird für Österreich sehr wichtig werden, denn bislang scheinen in dieser EU-Liste nur die Sozialpartner, der VKI und der Seniorenbund auf. Außer AK und VKI haben jedoch keine dieser Organisationen in den letzten rund 40 Jahren je ein solche Unterlassungsklage geführt. Man hat das 1979 eingeführt und gehofft, dass es in der Praxis nie vorkommen wird,“ erzählt Kolba von seinen Erfahrungen. „Dieser österreichische Schmäh muss ein Ende haben. Wir brauchen einen Mechanismus, dass auch gemeinnützige Organisationen der Zivilgesellschaft diese Klagslegitimation erlangen können.“
- Die EU Kommission will von den Mitgliedsstaaten, dass diese Regelungen vorsehen, dass sich die Klagsorganisationen solche Verfahren auch leisten können. „Bei dieser Organisationsform ist die Beiziehung eines Prozessfinanzierers ausgeschlossen. Ohne entsprechende finanzielle Ausstattung der Organisationen geht daher diese Initiative schlicht ins Leere,“ befürchtet Kolba. „Wenn in Österreich die Ausgaben für Konsumentenschutz in den Jahren 2018 und 2019 laut Budget sinken, sehe ich nicht, wie diese Regelungen in Österreich zum Leben erwachen sollen.“
Die Kommission sieht in einigen Punkten vor, dass Mitgliedssaaten über den Mindeststandard der Richtlinie hinausgehen können. Doch diese Möglichkeit stößt in Österreich auf das Problem, dass Schwarz-Blau II dieses „gold plaiting“ ablehnt. „Das betrifft insbesondere die Frage des automatischen Stopps der Verjährung,“ sagt Kolba. „Ich fürchte dass da unsere Regierung die Vorteile der Richtlinie deutlich konterkarieren könnte.
„Ich begrüße diese Initiative der EU Kommission und sehe mich in meiner nun jahrelangen Lobbyarbeit für besseren Rechtsschutz im Verbraucherrecht auch persönlich bestätigt, doch man muss klar sagen: Diese Regelungen beseitigen nicht alle Rechtsschutzdefizite. So würden diese Regelungen bei der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen gegen den VW-Konzern nicht hilfreich sein. Zum einen, weil sie sicher zu spät kommen und zum anderen, weil sie nur bei Verstößen gegen EU-Verbraucherschutz zur Anwendung kommen sollen,“ resümiert Kolba. „Für die 340.000 VW Geschädigten in Österreich gibt es nur eine Chance: Rechtzeitige Sammelklagen von der Verjährung Mitte September 2018.“
Die Einwendungen von Wirtschaftsverbänden, dieser Vorschlag führe zu „amerikanischen Verhältnissen“ weist Kolba zurück. „Bislang war es für die Konzerne in Europa bequem. Es galt: Unrecht darf sich lohnen. Damit muss Schluss sein. Auch im Interesse aller Unternehmer, die sich gesetzeskonform verhalten.“