Stern: Familie für viele Kinder gefährlicher Ort – Kinderschutz muss dringend ausgebaut werden
Bei der heutigen Paneldiskussion „E-Protect“, einem EU-Projekt für einen effektiveren Opferschutz und Kinderrechte im Pressezentrum Concordia, stellt die Frauensprecherin und Parteichefin der Liste Pilz, Maria Stern, die bisher erreichte Qualität des Kinderschutzes in Frage. „Österreichs Gewaltschutzgesetz hat internationale Vorbildwirkung. Trotzdem gilt für viele Kinder die Familie als gefährlichster Ort. Dem muss auch in der Gesetzgebung sowie der finanziellen Unterstützung von Gewaltschutzeinrichtungen und Schulung Rechnung getragen werden“, fordert Stern. Seit 2013 gilt auch das Zusehen bei häuslicher Gewalt als Verletzung des Kindeswohls, was als großer Fortschritt zu werten ist. Im selben Jahr wurde das Betretungsverbot auf Kindergärten und Schulen ausgeweitet, allerdings nur bis zum 14. Lebensjahr, eine Anhebung zur Volljährigkeit ist dringend notwendig.
Liste Pilz fordert den Ausbau von Gewaltschutzeinrichtungen, Aufklärung und Schulung
„Dies waren fraglos wichtige Schritte hin zu einem effektiveren Kinderschutz, doch es gibt nach wie vor zu hohe Hürden für den Anspruch auf Unterstützung“, meint Stern. Mit der Einführung der gemeinsamen Obsorge 2013 wurde diese positive Entwicklung allerdings dramatisch konterkariert. „Obwohl SprecherInnen der Justiz die damalige Sorge der Gewaltschutzeinrichtungen und NGOs kleinredeten, zeigt die Praxis, dass die gemeinsame Obsorge auch Gewalttätern zugesprochen wird“, warnt Stern. Dass das Recht der Väter mehr gilt als der Schutz der Kinder, ist ein Skandal und muss umgehend rückgängig gemacht werden. „Kindern wird ein Neustart in ein gewaltfreies Leben verwehrt, wenn sie nach einer Trennung oder Scheidung miterleben müssen, wie ein Elternteil weiterhin drangsaliert werden kann. Hier finden täglich Retraumatisierungen statt“, kritisiert Stern.
Die Datenlage zu den von Gewalt betroffenen Kindern ist absolut unzulänglich, da sie derzeit nur von Interventionsstellen und Gewaltschutzeinrichtungen erstellt wird, die mehrheitlich unterfinanziert und überarbeitet sind. Neben deren ökonomischer Unterstützung müssen Antigewaltprogramme und die Täterarbeit bundesweit durchfinanziert und Wegweisungen auch zum Schutz der Kinder ausgesprochen werden. Hier fehlt es vor allem an Einrichtungen, in denen Frauen und Kinder gemeinsam therapiert werden. „Um Kinderschutz und Gewaltprävention effizient umzusetzen, brauchen wir gesetzlich verankerte Schulungen in den Bereichen Medizin, Justiz, Pädagogik und Journalismus statt die erfolgreichen Schulungsprogramme und die gute Zusammenarbeit mit der Polizei zu kürzen. Weiters müssen Ursachen, Hintergründe und Folgen häuslicher Gewalt Bestandteil des Unterrichts an allen Schulen werden“, fordert Maria Stern.
„Stattdessen ist der Austausch zwischen dem Frauen- und Familienministerium und den Gewaltschutzeinrichtungen weitgehend einseitig aufgekündigt worden. Speziell was die Finanzierungszusagen anbelangt, gibt es von Schwarz-Blau keine adäquaten Antworten,“ kritisiert Stern. Anfragen zu den genannten Punkten sind bereits in Arbeit.