24h-Betreuung braucht angestellte Betreuerinnen und staatliche Förderung
Gestern hat Schwarz-Blau II die Indexierung der Familienbeihilfe für Kinder im EU-Ausland beschlossen. Ministerin Juliane Bogner-Strauß erwartet sich mit dieser Maßnahme Einsparungen von 100 Mio. Euro pro Jahr. Die Familienbeihilfe sei kein Gehaltsbestandteil und keine Versicherungsleistung, sondern eine Sozialleistung, so Bogner-Strauß.
„Auch die Frau Ministerin Bogner-Strauß kann nicht leugnen, dass den rund 60.000 Betreuerinnen aus osteuropäischen Staaten bei der Versorgung von Pflegebedürftigen in den eigenen vier Wänden eine wesentliche Rolle zukommt. Diese Betreuerinnen verdienen zwischen 20 und maximal 80 Euro pro Tag. Daher zählt für viele die volle Familienbeihilfe für Kinder in der Heimat rein wirtschaftlich sehr wohl zum Einkommen. Eine Kürzung gefährdet diese 24h-Betreuung in Österreich“, sagt Peter Kolba, Gesundheitssprecher der Liste Pilz.
Die Betreuerinnen werden von Agenturen vermittelt, in Bussen hin- und hertransportiert und haben aber die Rolle von selbstständigen Unternehmerinnen, die mit den Pflegebedürftigen individuelle Betreuungsverträge abschließen. Darüber hinaus sind die Pflegebedürftigen auch noch verpflichtet, den Agenturen monatliche Entgelte zu bezahlen.
„Die Politik verschließt seit Jahren die Augen davor, dass es sich hier um staatlich tolerierte Scheinselbstständigkeit handelt. Wenn die Regierung nun deren Familienbeihilfe kürzen will, dann muss sie gleichzeitig die Pflege zu Hause grundlegend neu und legal organisieren“, fordert Kolba.
Wenn man die Betreuerinnen bei den Agenturen anstellen würde, dann würden sich die Kosten für die Pflegebedürftigen fast verdoppeln. Das können sich viele nicht leisten, daher müsste der Staat erheblich höhere Beihilfen bereitstellen. Die Ersparnis von 100 Millionen Euro aus der Kürzung der Familienbeihilfen wäre dann jedenfalls in die Finanzierung der 24h-Betreuung zu stecken. Dazu kommt, dass auch die mobilen Pflegedienste – die die 24h-Betreuung in der Regel ergänzen – besser dotiert werden sollten.
„Will man den Pflegeberuf aufwerten, dann helfen nicht nur schöne Worte, sondern vor allem eine bessere Bezahlung“, stellt Kolba fest. „Der Entfall des Pflegeregresses bei Heimen ist – ohne Förderung der Pflege zuhause – ein Anreiz in die falsche Richtung. Der Zustrom in die Heime wird erhöht, aber es gibt zu wenige Plätze. Und letztlich wollen doch viele lieber in den eigenen vier Wänden alt werden. Das nach einem arbeitsreichen Leben sichergestellt zu sehen, ist eine nachhaltigere Art von Sicherheit, als sie die Regierung mit Reiterstaffeln und Spitzelpaket den Menschen vorspiegelt.“