Digitalisierung – Unsere JETZT Antworten auf ISPA Anfrage

1. Das Thema Breitbandausbau beschäftigt Österreich seit Jahren. Mit dem Entstehen der ersten 5G Netze gibt es einen weiteren Technologiesprung. Was muss passieren, dass möglichst rasch viele Teile der Bevölkerung von der neuen Technologie profitieren können?

G5 kann, aber muss nicht die Schlüsseltechnologie des frühen 21. Jahrhunderts sein. Ein möglichst weitläufiger Ausbau von Breitband, und darum geht es, muss das Ziel sein. Wir wünschen uns hier einen klaren Wettbewerb der Technologien du Systen, als die Fokussierung auf ein einziges System. Es gilt auch hier, das Thema digitale Resilienz zu betrachten und das lässt sich nur durch ein Miteinander verschiedener Zugangstechnologien erreichen. Die hohe Dichte an Sende- und Empfangseinrichtungen steht für uns in einem gewissen Widerspruch zu einer flächendeckenden Einführung. Auch ist der dazu benötige Energiebedarf Teil dieser Rechnung. Deshalb kann nur der gezielte Einsatz verbunden mit entsprechenden Standorten G5 einen Durchbruch verschaffen.

Österreich war zu Beginn des Jahrhunderts ein digitales Vorzeigeprojekt, jetzt liegen wir abgeschlagen hinten. Das gilt es zu ändern und dazu bedarf es mehrerer Ebenen und nicht nur der Einführung einer digitalen Funktechnologie. Was auf jeden Fall geschlossen werden muss, ist die digitale Lücke im Breitbandbereich in vielen ländlichen Gegenden. Hier könnten eventuell ausgesuchte G5 Pilotprojekte dazu führen, dass diese Gegenden einen gezielten Wettbewerbsvorteil erhalten und damit das Pendeln und letztlich Landflucht eingedämmt werden kann. Auf jeden Fall gilt es die digitale Schere zu schließen und den Ausbau der Technologie in einem gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang zu stellen. Das ist klar eine Aufgabe der Politik.

2. Wie kann im Zuge dieser technologischen Entwicklungen der faire Wettbewerb sichergestellt werden und welche Rolle sollen dabei kleine bis mittlere Unternehmen mit lokaler Verortung einnehmen?

Da die digitalen Supermächte (Alphabet, Apple, Amazon, Microsoft, Facebook, etc) immer mehr Macht in der digitalen und realen Welt gewinnen, muss die Politik endlich erwachen und dieser Entwicklung etwas entgegensetzen. Es müssen politische Rahmenbedingungen und gesetzliche Grundlagen für eine Open Source Digitalwirtschaft geschaffen werden, die es gerade KMU abseits der Startup-Blase erlauben wieder in einen vernüftigen und unabhängigen Wettbewerb zu treten. Diese Entwicklung wird von einer imensen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedeutung sein.

3. Die Besteuerung von digitalen Unternehmen ist nicht nur in Österreich ein viele diskutiertes Thema. Welche Lösungen wären aus Ihrer Sicht erstrebenswert?

Im Zentrum der Wertschöpfung der digitalen Supermächte stehen die Daten der Bürger*innen. Es kann nicht sein, dass hier die User*innen letztlich zu kurz kommen. Der Neoliberalismus hat alle Unternehmen dazu gebracht, ihre gesellschaftlichen Aufgaben nur mehr teilweise oder gar nicht wahrzunehmen. Gewinne werden in Steueroasen verschoben und entziehen sich dem Ort der Entstehung. Hier sind zumindest auf europäischer Ebene oder multilateraler Ebene System einzuführen, die einen Teil der digitalen Wertschöpfung auf der nationalen Ebene der User*innen verorten. Damit würde automatisch eine Steuerpflicht für die transnationalen Konzerne entstehen. Der Firmensitz oder der physikalische Serverstandort, kann in einer digitalen Welt nicht der Maßstab für die Besteuerung sein.

4. Die EU hat nach einem intensiven Diskurs die Urheberrechtsrichtlinie inklusive Leistungsschutzrecht und Upload-Filter beschlossen. Wie kann man bei der Umsetzung die negativen Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt im Netz möglichst geringhalten?

Die gängige Praxis zeigt uns bisher, dass nicht so heiß gegessen wie gekocht wird. Was natürlich kein guter Grundzustand ist. Hier müssen andere Regeln her. Das moderne Urheberrecht geht auf die die Gesetzgebung des 18. Jahrhunderts zurück. Der Urheberbegriff ist ein anderer geworden und wieder sind es die digitalen Supermächte, die sich den Markt unter den Nagel gerissen haben.

Die Meinungsfreiheit wird aber deutlich mehr von einer anderen Seite angegriffen: Von den digitalen Supermächten und von superreichen Menschen, die sich immer mehr Medien unter den Nagel reißen und damit in einem weiteren Sinne Politik machen. Diese Tatsache ist viel alarmierender als der Umstand von Uploadfiltern, auch wenn diese dazu führen werden, das Meinungsspektrum einzuschränken.

5. Filter scheinen derzeit überhaupt sehr beliebt zu sein. So wird z. B. mehr oder weniger laut über Porno-Filter nachgedacht. Wie steht Ihre Partei zu Filtern im Netz?

Filter sind keine Lösung. Es werden immer die Bürger*innen auf der Strecke bleiben, die bei den Medienbesitzern unbeliebt sind. Die Beispiele China, Ungarn oder Russland zeigt deutlich, was passiert, wenn gefiltert wird. Damit gehen die Menschenrechte verloren.

6. Laut DESI-Index liegt Österreich in Sachen Digitalisierung EU-weit im Mittelfeld und verliert im Vergleich zum Vorjahr einen Platz im Ranking, der Abstand zu den führenden Ländern hat sich vergrößert. Welche konkreten Maßnahmen schlägt Ihre Partei vor, um Österreich an die Spitze heranzuführen?

Breitband flächendecken ist zwingend erforderlich. Wie auch immer die Technologie dahinter aussieht. Weiters erfordert es einer Digitalisierungsoffensive bei den KMU. Der Ansatz der WKO in Verbindung mit dem Infrastrukturministerium, war bisher einer der möglichen Ansätze. Leider wurde das Fördervolumen viel zu früh ausgeschöpft und bisher wurde wenig nachgereicht. Aber auch die großen Player am Markt sind gefordert hier Angebote zu schaffen, die auch aus rechtlicher Sicht, Stichwort DSGVO, KMU-gerecht sind. Open Source ist in diesem Zusammenhang ebenfalls ein Stichwort. Der IT-Sektor und die digitalen Angebote sind für KMU in vielen Fällen undurchschaubar, weil wichtige Entscheidungsgrundlagen fehlen. Hier ist der Bildungsbereich gefordert, ebenfalls Angebote zu schaffen. Ein PC-Führerschein ist zu wenig für eine funktionierende Wirtschaft von Klein- und Mittelbetrieben.

7. Die ÖVP/FPÖ-Regierung hat sich bis zuletzt für eine digitale Ausweispflicht ausgesprochen. Halten Sie diese Bestrebungen für gerechtfertigt?

Nein! Die BVT-Affäre hat uns gezeigt, was passiert, wenn Geheimdienste im Sinne der Politik agieren und gleichzeitig auch noch dilettieren. An diesem Punkt sind die Bürgerrechte in Gefahr. Jeder einzelne Österreicher und jede Österreicherin hinterlässt schon heute immense digitalen Spuren und hat kaum Kontrolle darüber. Eine Ausweispflicht führt in letzter Konsequenz zu einem Kontrollstaat. China mit seinem „erzieherischen“ Maßnahmen muss uns hier ein warnendes Beispiel sein.

8. Wie kann die Rechtsdurchsetzung im Online-Bereich verbessert werden, ohne dabei die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger massiv zu beschneiden und einen Überwachungsstaat zu schaffen?

Rechtsdurchsetzung wovon? Eines Urheberrechts mit den Wurzeln im 18. Jahrhundert? Löschung von Hasskommentaren? Wiederbetätigung? Auf diese Frage kann es keine pauschale Antwort geben. Zentrales Element müssen die Grundrechte sein. Hier bedarf es entsprechender Ausdifferenzierung bei den Gesetzen. Das wird sich nicht vermeiden lassen.

9. Der VfGH beschäftigt sich gerade mit Teilen des Sicherheitspakets, u. a. dem Bundestrojaner. Wo sehen Sie die Stärken und Schwächen des von den Kritikern als Überwachungspaket bezeichneten Maßnahmenbündels?

Das Beispiel Martin Balluch hat uns gezeigt, wie Gesetze, die bewusst oder unbewusst falsch angewendet wurden, einen Menschen in seiner Existenz vernichten können. Der Bundestrojaner darf nicht zum willfährigen Werkzeug einer politisch gesteuerten Exekutive werden. Dessen Einsatz muss auf entsprechenden Rechtsgrundlagen basieren und der sogenannte Bundestrojaner darf ohne richterliche Genehmigung und Kontrolle nicht eingesetzt werden. Maximale Bürgertransparenz bei gleichzeitiger maximaler Amtsverschwiegenheit ist ein Zustand, der nicht hingenommen werden kann. Letztlich zielt das Überwachungspaket darauf ab, die Freiheit der Menschen in diesem Land einzuschränken.

10. Welche Schritte werden Sie nach einem erfolgreichen Einzug ins Parlament setzen, um das Internet und die digitale Wirtschaft zum Nutzen sowohl der Bürgerinnen und Bürger als auch der Unternehmen zu fördern?

Die Digitalisierung war bisher mit Ausnahme der Bürger*innenüberwachung kein besonderes Thema in der Politik. Im Parlament gilt es zuerst ein breites Bewusstsein bei allen Fraktionen und Parlmentarier*innen zu schaffen. Denn ohne klare Vorstellungen zur Digitalisierung wird Österreich früher oder später auf dem Abstellgleis landen. Dann können einige der bisher genannten Projekte in Angriff genommen werden. Solange Tempo 140 im Infrastrukturministerium wichtiger ist als die Datenautobahn, solange wird Österreich in den Rankins weiter zurückfallen.
Dabei ist auch die Zusammenarbeit, nicht die Lobbyarbeit, von Anbietern, Wirtschaft und Konsumentenschutz mit dem Parlament gefragt. Die Schaffung einer Bürger*innenplattform zum Thema Digitalisierung wäre ebenfalls hier dringend notwendig.