Vertagungsorgie im Arbeits- und Sozialausschuss

Sogenannte „Arbeitsparlamente“ zeichnen sich durch eine Vielzahl von Fachausschüssen aus, die konkrete Gesetzesvorhaben diskutieren und für Abstimmungen im Plenum des Nationalrates aufbereiten können.

Zu diesem Zweck finden die Ausschussberatungen auch nichtöffentlich statt. Dadurch, so argumentieren Verfechter dieser Regelung, sei es allen Beteiligten eher möglich offen zu diskutieren und Lösungen im Sinne des Landes voranzutreiben.

Die Realität sieht aber leider anders aus. So wird der Ausschluss der Öffentlichkeit von den Regierungsparteien allzu gerne dafür verwendet um unliebsame Anträge durch Vertagungen von der Bildfläche verschwinden zu lassen: Als ehemaliges Mitglied einer Regierungsfraktion habe ich mich von Beginn an gegen diese demokratiefeindliche Praxis zur Wehr gesetzt und es verweigert, inhaltlich nicht gerechtfertigte Vertagungsanträge zu stellen. Das Kalkül jedoch ist klar: Wird ein Antrag beschlossen würde man der Opposition Recht geben, wird er hingegen abgelehnt, müsste man dies im Plenum des Nationalrates und damit vor der Öffentlichkeit rechtfertigen. Vertagungen unter teils fadenscheinigen Begründungen aber ermöglichen der Regierungsmehrheit, sich aus der Verantwortung zu stehlen“, erklärt die Sozialsprecherin der Liste Pilz, Daniela Holzinger.

Was die FPÖ als Oppositionspartei noch kritisiert, wird als Anhängsel der ÖVP-Regierung nun perfektioniert

Von der FPÖ wurde diese Einschätzung sehr lange Zeit geteilt. FP-Abgeordneter Hafenecker betitelte die Rot-Schwarze Vertagungspraxis etwa als „gefährliche Lähmungserscheinung“ und attestierte der ehemaligen Regierung, dass „diese Nichts zustande bringen würde und nur aufschieben und mauern könne“.

Als Anhängsel der aktuellen ÖVP-Regierung hat sich diese ehemals sehr klare Position jedoch auch rasch gewandelt. So wurde der jüngste Arbeits- und Sozialausschuss zur wahren Vertagungsorgie, wie Holzinger schildert: „Fachkräftemangel, die Frage des Arbeitsmarktzuganges für AsylwerberInnen, die Absicherung der Urlaubsansprüche für ArbeitnehmerInnen, ein Ende unnötiger Mehrfachversicherungen, die Förderung ehrenamtlicher Feuerwehrmitglieder, eine sozialrechtliche Absicherung von PraktikantInnen oder die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung, all diese Themen umfasste die Tagesordnung vom 21. Februar. Und all diese Punkte hätten die Chance geboten unser Land positiv weiter zu entwickeln und Politik im Sinne der Menschen zu machen. All diese Punkte aber – jeder einzelne – wurden mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ vertagt“, kritisiert Holzinger.

Die FPÖ scheint sich u.a. damit immer mehr zum Knecht der Kurz-VP zu degradieren. Eigene Standpunkte und Überzeugungen werden im Wochenrhythmus über Bord geworfen und vielen freiheitlichen WählerInnen wird wohl zunehmend klar, dass sich ihre sehnlichsten Wünsche nach Veränderung ähnlich schnell in Luft auflösen wie Kickls Wahlpropaganda.

„Was die FPÖ noch vor wenigen Wochen selbst kritisiert wird offensichtlich nun perfektioniert. Damit ist klar, dass eine wirkliche Reform der Fehler des Systems durch die etablierten Parteiapparate nicht zu erwarten ist“, resümiert die Abgeordnete.

Gemeinsam mit den unabhängigen MandatarInnen der Liste Pilz will sie sich deshalb dafür einsetzen, auch die Ausschussberatungen öffentlich und damit transparent zu machen, in der Hoffnung „dass uns unter dem wachsamen Auge der BürgerInnen womöglich einige Blödheiten von Parteikadern erspart bleiben – ganz einfach weil sie sich genieren.“